Wintersport fotografieren

Bei unserem letzten Clubabend machte mich mein Fotofreund und Clubkamerad Bernd Passauer auf ein Wintersportevent in Grasgehren aufmerksam. Dort sollte am 29.01.2011 der 1. Weltcup im Skicross stattfinden. Skicross ist ein spektakulärer Wintersport, bei dem 4 Rennläufer(innen) gleichzeitig auf einer mit Buckeln und Steilkurven versehenen Piste gegeneinander antreten in sogenannten „Heats“. Die ersten Beiden  im Ziel kommen in die nächste Runde – das geht dann so weiter bis ins Finale, in dem die Sieger ermittelt werden. Hierbei kann es auch zu Körperkontakten kommen, so dass es mitunter auch etwas unfair zugehen kann. Seit der letzten Olympiade ist der Sport auch olympisch – alles in allem also ein fotografisch vielversprechendes Event.

Ein "Heat"

Ein "Heat"

Bernd und ich verabredeten uns also für den Samstagmorgen und fuhren um 9:00 durch den Nebel Richtung Grasgehren. Auf der entsprechenden Höhe angelangt riss dann auch der Nebel auf und es herrschte wunderbarer Sonnenschein. Die Veranstaltung war hervorragend organsisiert, es waren viele kostenfreie Parkplätze im Talort vorhanden und es stand ein kostenloser Busshuttle nach Grasgehren bereit, der auch durch eine gut angepasste Häufigkeit keine langen Wartezeiten aufkommen ließ.

An der Abfahrtstrecke angekommen präsentierte sich einem eine wundervolle Schneelandschaft in schönem Sonnenschein mit weissen Federwölkchen. Es herrschte ein Riesentrubel, das ZDF berichtete vor Ort mit seinen Gerätschaften, am Ziel gab es Speis und Trank und Souveniers und es wurde nicht mal Eintritt verlangt.

Bernd und ich machten uns also an den Aufstieg die Strecke entlang, mit der schweren Fotoausrüstung und dem sehr steilen rutschigen Gelände ein weniger leichtes Unterfangen. Hierbei hieß es natürlich die Streckengegebenheiten aus fotografischer Sicht zu beobachten – was soll man dabei beachten?

Nun einmal kommt es natürlich darauf an, das man nah genug an die Strecke herankommt, welche durch niedrige Zäune für die Zuschauer abgegrenzt ist, um mit den vorhandenen Brennweiten formatfüllende Aufnahmen erzielen zu können. Ich hatte Brennweiten bis 300mm an einer Canon 7D  (1.6 Crop) zur Verfügung, so das eine Aufnahmeentfernung bis max 30 m optimal war.

Ein Skirennfahrer formatfüllend

Ein Skirennfahrer formatfüllend

Des weiteren muss es natürlich eine Stelle sein, die Aktion verspricht, also vorzugsweise ein oder mehere Sprünge ins Bild rückt. Dann sollten die Skirennfahrer auf einen zufahren oder in der Nähe parallel an einem vorbeifahren für eine gute Aufnahmeperspektive – wer will schon Skifahrer von hinten sehen? Und als letzten nicht unwichtigen Punkt suchte ich eine Stelle, an der man die Akteure gut vom Hintergrund trennen kann, also vorzugsweise vor Himmel oder aber, daß der bewaldete Hintergrund möglichst weit von den Akteuren entfernt sein sollte, um diesen in Unschärfe verschwimmen zu lassen. Auch im Weg stehende Streckenposten müssen dabei berücksichtigt werden.

Das Prominentenheat mit Streckenposten im Hintergrund

Das Prominentenheat mit Streckenposten im Hintergrund

Schlussendlich ist es natürlich hilfreich, wenn man mehrere nah beieinanderliegende Stellen identifiziert, um auch unterschiedliche Bilder erhalten zu können. An einer Skistrecke ist das natürlich problematisch, da die Fortbewegung zu Fuss dort recht zeitintensiv ist – und wir alten Männer auch nicht mehr die Puste haben für größere alpine Kletteraktionen.

Ich hatte dann zwei solche Stellen identifiziert und mich an der Oberen postiert. Hier gab es einen gut einsehbaren Sprung vor einer Waldlücke, eine Steilkurve sowie zwei Buckel vor einer größeren Schneefläche. Die andere Stelle war ein Sprung kurz vor dem Ziel, bei dem die Rennfahrer direkt auf einen zufahren.

Zielsprung

Die zweite Stelle mit frontaler Perspektive

Problematisch an der ersten Stelle war, das man nicht vorgewarnt wurde, wann die Skirennfahrer am Sprung auftauchen. Man konnte durch den Streckenkommentar hören, wann ein Heat startet und musste dann rasch reagieren, wenn der erste Rennfahrer sich am Sprung zeigte. Was muss man hierfür an seiner Kamera einstellen?

Es liegt Schnee – also muss man reichlicher belichten als es die Kamera mißt – ich habe eine Belichtungskorrektur von +2/3 Blenden eingestellt. Dann muss man den Autofokus auf bewegliche Motive voreinstellen, bei Canon heißt das Servo-AF. Dann sollte man eine hohe Serienbildgeschwindigkeit wählen, was bei Sportaufnahmen die Wahrscheinlichkeit für ein ansprechend abgelichtetes Motiv erhöht. Hier sind die 8 Bilder/Sekunde der 7D natürlich Gold wert. Die 7D bietet eine Menge Autofokussensoren in der Bildfläche, die man je nach Motiv konfigurieren kann. Nach einigem Experimentieren an der Strecke stellte sich heraus, daß für meine Verhältnisse die 9 AF-Sensoren in der Bildmitte optimal für die Aufnahmesituation waren – also aktivierte ich diese bei den meisten Aufnahmen.

Nun war nur noch die Frage offen, welche Blende/Zeit Kombination ist am Besten für dieses Motiv?  Wir haben es hier mit rasch bewegten Objekten zu tun, also wenn man die Rennfahrer(innen) im Bild scharf einfrieren möchte, muss man mit recht kurzen Belichtungszeiten arbeiten. Nach einigem Experimentieren stellte sich für mich heraus, daß 1/800 sek  gerade noch so ging und das Belichtungszeiten kürzer 1/1000 sek optimal waren. Natürlich kann man auch mit längeren Belichtungszeiten arbeiten und dann mit dem Motiv mitziehen. Allerdings war für solche Aufnahmen die Stelle nicht optimal – das kurzfristige Auftauchen der Motive von schräg vorne und die weite Entfernung bei paralleler Vorbeifahrt hätte dies zu einem „Glücksschießen“ mutieren lassen. Da ich das erste Mal derartiges fotografierte, habe ich mich fürs „Einfrieren“ entschlossen mit der daraus zu erhoffenden Ausbeute an scharfen Bildern – Bewegung kann man hier ja auch ggfs. im nachhinein per EBV ins Bild bringen. Durch Bewegungsunschärfe verschandelte Bilder, bei denen die Unschärfe nicht die Bildaussage stützt, wollte ich weitesgehend vermeiden.

Bewegungsspuren

Bewegungsspuren per EBV ins Bild gebracht

Bleibt also noch die Frage nach der Blende. Ich wollte gerne Bilder haben, bei denen man das Besondere dieses Sports sieht – nämlich mehrere Skirennfahrer(innen) gleichzeitig auf der Strecke. Da diese an meiner Hauptfotografierstelle schräg auf mich zu sprangen, waren sie über eine gewisse Tiefe verteilt. Wieder half hier Experimentieren und ich stellte fest, daß Blendenöffnungen um 5.6 einigermassen ausreichend waren für eine gleichmässige Schärfe über alle Rennfahrer(innen), wobei häufig jedoch einer nicht mehr richtig scharf wurde, dies hing insbesondere von den herausgefahrenen Abständen der Rennläufer (innen) ab.

Frauenheat

Letzte Rennläuferin schon unscharf

Aus diesen Blende/Zeitforderungen ergaben sich bei der gegebenen Lichtsituationen Empfindlichkeitseinstellungen von ISO 100-800.

Fazit: Das Fotografieren dieses Sports hat mir richtig Spass gemacht, mit meiner Fotoausbeute von ca. 25 meiner Meinung nach guten Bildern bin ich zufrieden. Einige der Bilder lassen sogar Raum für kreative Spielereien wie bei dem Folgenden, welches ich mit Solarisation und Bewegungsspuren verfremdet habe:

Nightjumper

Nightjumper

Wie ist Eure Meinung? Ich würde mich freuen, Kritik und Anregungen hierzu zu erhalten.

Christian Träger

Hier noch eine Auswahl der Bilder meines Fotofreunds Bernd:

Bernd Passauer 1

Bernd Passauer 1

Bernd Passauer 2

Bernd Passauer 2

Bernd Passauer 3

Bernd Passauer 3

Bernd Passauer 4

Bernd Passauer 4

Bernd Passauer 5

Bernd Passauer 5

Bernd Passauer 6

Bernd Passauer 6

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1 Kommentar

  1. Hallo Christian,
    ein beeindruckender Bericht. Vielen Dank auch für die ausführlichen fotografischen Hinweise, die ich mir gleich gedanklich abgespeichert habe!

    LG Michael

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