Von der Idee über das Foto zum Bild…

Schon lange einmal wollte ich meinen Horizont in der Fotografie erweitern. Waren meine Hauptmotive bisher Architektur, Natur / Landschaft und Tiere so hatte ich schon immer vor, den Menschen als Motiv zu entdecken. Hatte ich diesen bisher nur im engen Familienrahmen oder als Schnappschuss abgelichtet so wollte ich doch gerne einmal geplante „gute“ Bilder mit Personen machen. So sprach ich dann meine sechzehnjährige Tochter Alexandra

Alexandra

meine Tochter Alexandra

an, ob sie nicht mit ihrer Clique Modell beim Fotografieren spielen mag…und wider Erwarten war sie Feuer und Flamme. Wider Erwarten deshalb, weil sie sich auf Familienbildern nur ungern ablichten läßt und sie sich selbst für hässlich hält…

Am 19.09.2010 war es dann soweit, Alexandra und ihre Clique hatten Zeit und auch ein kleiner Fotografenkreis des Fotoclubs Kaufbeuren war bereit. Die „Location“, also der Ort, an dem das Fotografieren stattfinden soll, war durch Thomas schon identifiziert – es sollte ein alter Bunker in Neugablonz sein…nach mehrmaligen Verschieben der Treffpunktszeit (Junge Leute schlafen gerne laaaaange) begann dann um ca. 14:00 das Fotografieren (Ergebnisse siehe Galerie)

Ich möchte jetzt hier nicht auf die gesamte Fotosession eingehen, sondern nur darauf, wie ein einzelnes Bild entstanden ist – nämlich dieses hier:

Das fertige Gruppenbild

Aus einer Idee wurde ein Bild

Die Idee

Ich wollte kein gestellt wirkendes Klassenfoto haben. Ich möchte Lebensfreude ausdrücken. Die einzelnen Personen sollen als Individuum erkennbar sein – gleichzeitig soll aber auch die Zusammengehörigkeit vermittelt werden.

Das Foto

Wie bekommt man nun eine Gruppe dazu diese Idee in ein Foto zu verwandeln? Also „Location“ ausgesucht, Licht überprüft, Kamera eingestellt. Kommando: „Stellt Euch mal hin“  – Abgedrückt! Ergebnis:

Ein Gruppenbild

Aktionsloses gestelltes Gruppenbild

Die Personen haben einen netten Gesichstausdruck, fast alle gucken in die Kamera aber ansonsten wenig „Action“…was tun? Bei Thomas hatte ich beobachtet, das er die Gruppe kommandierte und sie in Bewegung brachte – er ließ sie einen Schritt auf die Kamera zumachen. Das kann natürlich je nach Autofokussystem und Kameraeinstellungen schnell zu Unschärfen führen – ich hatte den statischen Autofokus eingestellt und die Blende vorgewählt…Mein Ergebnis von Thomasses Bildidee ist daher technisch unzulänglich:

Thomas Bildidee

Einige Gesichter aus dem Fokus

Auch beansprucht scheinbar der gleichzeitige Schritt vorwärts die Gruppe so, das kaum noch einer lächeln kann. So wird aus der Jugendgruppe dann eine soldatische Marschkolonne, das Gegenteil von meiner Bildidee. Hier kam mir dann die Idee, die Gruppe springen zu lassen. Sprünge können Fröhlichkeit vermitteln (Einen Luftsprung machen), es wirkt nicht so einstudiert; wenn man auf der Stelle springt, bleiben die Personen alle im Fokus..eine gute Idee oder?

Allerdings muss man den richtigen Zeitpunkt erwischen…aber hierfür gibt es ja einen Serienbildmodus. Kamera einstellen, immer noch Blendenvorwahl (ich Depp), Serienbildmodus (8 Bilder die Sekunde), scharf stellen, Kommando geben und abdrücken – Ergebnis:

Ausgangsbild

Eines der Serienbilder

Das ist eines der dabei entstandenen Serienbilder. Am Kameradisplay fiel mir dann auf, das die Belichtungszeit (1/80 sek) für ein Bewegtmotiv ziemlich grenzwertig ist – und wenn man das Bild in der 100% Ansicht anschaut, erkennt man auch in dem ein oder anderen Gesicht leichte Bewegungsunschärfen. Also Zeitvorwahl einstellen, 1/500 sek vorwählen, Kommando geben und das Ganze nochmal. Ja – jetzt wurden die Bilder scharf.

Gegenüberstellung

Belichtungszeitunterschied 1/40 sek zu 1/500 sek

Allerdings war bei den dann entstandenen Sereienbildern keines mehr dabei, wo der Gesichtsausdruck bei allen Personen passte oder aber es war nicht jedes Gesicht offen erkennbar. Zu einem guten Bild kommt somit auch immer eine gute Portion Zufall.

Nach Sichtung aller Bilder gefiel mir vom Ausdruck der Personen, von der Dynamik und von der Technik her dieses Bild am besten:

rohes Gruppenbild

Das Ausgangsbild

Allerdings passt der Schnitt nicht, das Bild wirkt ein wenig schief, die Farbigkeit macht es unruhig…kurz gesagt, der Zeitpunkt der EBV (elektronische Bildbearbeitung) ist gekommen, aus dem Foto soll ein Bild werden.

Das Bild
Ich korrigiere also den Auschnitt, zerre es ein wenig gerade und nehme die Farben  ein wenig zurück und verschiebe sie etwas nach meinem Geschmack – Ergebnis:

Farbiges Gruppenbild

Erstes Arbeitsergebnis

Dieses Bild gefiel mir so schon recht gut und stolz wie ich war verschickte ich es an ein paar meiner Fotofreunde. Auch die fanden es grundsätzlich gut, allerdings fanden sie den Hintergrund ein wenig zu dominant und meinten, das man diesen visuell zurücknehmen sollte. Hmmm – wie macht man das? Meine erste Idee ist dann meist: „Schaun wir doch mal, wie das Bild in schwarz-weiss ausschaut“..meist kann man durch eine geschickte Umsetzung den Hintergrund in der Dominanz zurückfahren:

schwarzweisses Gruppenbild

Das Gruppenbild in Schwarzweiss mit Vignette

So sieht das Bild also umgewandelt aus. Mit der Vignette will ich den Blick auf die Gruppe kanalisieren. Ich finde schon, das sich die Personen etwas besser vom Hintergrund lösen, allerdings fehlt mir die Fröhlichkeit der Farbversion. Damit ist der Weg zum fertigen Bild vorgezeichnet – was liegt näher als eine Mischversion? Die Personen in Farbe und den Hintergrund in schwarz-weiss, das ist eigentlich nur ein bisschen Maskierungsarbeit. Ich überlagere also beide Bilder und lasse bei den Personen die Farbigkeit zu.

So wurde aus einer Idee ein Bild – gefällt es Euch?

Das fertige Bild

Clique

Wer hat Kritiken/Ideen/Vorschläge? – vielleicht gibt es ja weitere tolle Ideen…

Christian Träger

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3 Kommentare

  1. Hallo Christian!
    Deinen BLOG-Beitrag über unser Foto-Shooting mit Alexandras Freunden finde ich super!

    Die alte Fotografenweisheit, dass ein gutes Bild zuerst im Kopf entsteht, ist vieleicht etwas abgedroschen, aber immer noch wahr. Sehr gut gefällt mir, wie Du die Bildentstehung, Deine Reaktion auf konstrutive Kritik bis hin zum endgültigen Ergebnis beschreibst. Und das kann sich wirklich sehen lassen!

    Gruß Thomas

  2. Hallo Christian,

    ein wirklich toller Beitrag. Ich habe festgestellt, dass ich Bäume besser kann als Menschen 😉 Aber die Erfahrung war gut und die Truppe echt locker und easy drauf. Großes Kompliment!

    LG Michael

  3. Dr. Doris Nsiff

    Hallo Christian,
    das ist ein sehr interessanter Artikel, und er wird Euch sicher dazu führen, in dieser Richtung noch weitere Experimente zu machen. Wie wäre es mit einer dramatischen Action in der Art einer Filmscene, vielleicht in einer Tiefgarage? Das ist etwas, was z.B.auf meiner Wunschliste steht und relativ einfach machbar wäre.
    Ich finde Deinen Blog ausgezeichnet.
    Doris

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